Skisprungschanze Garmisch-Partenkirchen


Die Situation
Das Projekt integriert sich in die bestehende Schanzenanlage und bildet gleichzeitig einen klaren Kontrast. Die Auflager- und Nebengebäude sind analog zum Bestand in einer einfachen, funktionalen Formensprache gehalten und vermitteln zwischen alt und neu. Die prägnante Form der Sprungschanze soll für die Evolution des Skisprungsports stehen und als elegantes Wahrzeichen für Garmisch-Partenkirchen und die Region wirken.
Die Architektur
Die Radien und Geraden der Sprungschanze werden zu einem skulpturalen Bauwerk weiterentwickelt. Der Anlauf, der Absprung und die Flugbahn werden mit einem speziell dafür entwickelten, wellenartigen, rhythmischen Formprinzip symbolisiert: Der im Seitenriss schlank gehaltene Anlaufbereich mit seinen geraden Linien kontrastiert die wesentlich größeren Volumen und die schwungvollen Kurven beim Schanzenkopf und Schanzentisch. Es entsteht der Eindruck, die obere und die untere Kontur der Silhouette würden sich in der Mitte durchkreuzen und eine Art Unendlichkeitszeichen formieren.
Der metallisch schimmernde Körper reflektiert das Licht über die seidenmatten Aluminiumflächen der Fassade. Die obere Kante ist abgewinkelt und akzentuiert die Kontur mit einer feinen Linie. Der Sprungrichterturm ist als zweites repräsentatives Bauwerk in seiner Materialität auf die Sprungschanze abgestimmt. Die Nebengebäude sind als archetypische Formen wie Stütze, Scheibe oder Kragarm konzipiert und bilden das Fundament der Anlage.
Das Tragwerk
Das Tragwerk der Schanze ist in ihrer Längsrichtung als schiefer Rahmen ausgebildet. Das auskragende Ende ermöglicht die Anordnung eines Gegengewichtes. Dadurch wird das Drehmoment am Turmkopf infolge ständiger Lasten ausgeglichen und der Turm selbst erfährt keine Verdrehung.
Das Tragwerkskonzept folgt damit dem Prinzip des Turmdrehkranes, der durch die Konterlast im Gleichgewicht gehalten wird. Die Rahmenstiele werden durch den Schanzenturm und das Technikgebäude am Schanzenfuss gebildet. Diese Bauwerke werden aus Stahlbeton errichtet. Der Riegel besteht aus zwei torsionssteifen, räumlichen Stahl-Fachwerkbalken, die mit dem Turmkopf sowie dem Technikgebäude biegesteif verbunden sind. Der Ausgleich des Einspannmomentes im Turmkopf entlastet den Turmschaft und beugt dem Kriechen des Betons vor.
Die Fachwerkträger
Der Fachwerkbalken folgt der Form des Anlaufbauwerkes. Die statisch nutzbare Höhe variiert in Abhängigkeit von der Trägerhöhe und der Funktion der Nutzschicht. Die breiten Treppen im Startbereich erfordern eine gedrungene Höhe des Trägers.
Durch die Anpassung der Steifigkeit längs des Trägers und die Ausnutzung der Einspannung am Schanzenfuß wird der Momentenverlauf dem Tragverhalten des Trägers optimal angepasst. Der Fachwerkträger wird dadurch an seiner schwächsten Stelle im Bereich des untersten Startpunktes entlastet. Die Last der Fahrbahn wird in Längsrichtung über Holzbinder auf stählerne Querträger abgetragen, welche sich auf den Untergurt des inneren Fachwerkträgers abstützen.
Die Sprungschanze
Die Erschließung der Schanze erfolgt über den Schrägaufzug und den anschließenden kurzen Weg zum Turm. Die Springer können direkt in den Erschließungsturm einsteigen. Die übrigen Benutzer können von der ebenerdigen Dachterrasse die Anlage überblicken und die darunter liegenden Räume wie den Kiosk oder den Aufenthaltsraum benutzen.
Der Schanzenkopf wird auf zwei Ebenen organisiert. Auf der Ankunftsebene sind talwärts die Geräteräume und die Spurfräse mit direktem Ausgang zum Anlauf angeordnet. Die Athleten gelangen von hier über eine Treppe in den höher gelegenen Aufwärmraum. Diesem ist die repräsentative Terrasse mit eindrücklichem Panoramablick vorgelagert. Die Sportler gelangen über zwei seitliche Außentreppen zur Startposition.
Der Schanzentisch
Sämtliche Service- und Arbeitsbereiche sowie die Technik für die Kühlung der Anlaufpiste sind im Servicegebäude am Schanzentisch untergebracht. Die Auffahrt auf den Schanzenvorbau erfolgt über zwei Rampen. Anstelle der breiten, wendefähigen Rampe sind zwei schmalere Spuren für einen Kreisverkehr vorgesehen. Aus ökonomischen Überlegungen ist für den Anlauf eine Beschneiungsanlage sinnvoll; auf eine Auffahrtsrampe kann verzichtet werden.
Der Sprungrichterturm
Auch der Sprungrichterturm stellt konsquenterweise den Sport in den Mittelpunkt. Die fünf Sprungrichterkabinen definieren die Struktur des zweiteiligen Baukörpers. Der Unterbau und das Fundament übernehmen die Grundfunktionen.
Die repräsentativen Räume für die Jury werden in einem von außen erkennbaren Volumen untergebracht und akzentuieren die markante Form der versetzten Sprungrichterkabinen. Sie sind mit der gleichen Fassade wie die Sprungschanze versehen und schaffen so einen Bezug zwischen den Sprungrichtern und den Athleten.
Die Detaillierung
Die Bauwerke werden durch zwei korrespondierende Materialien geprägt. Die Unterbauten, Auflager und Nebengebäude werden in Massivbauweise ausgeführt. Die Schanze ist eine Stahlkonstruktion mit einer leichten, vorgehängten Aluminiumfassade.
Die Verschalung dient im Startbereich als windschützende Brüstung und wird beim Absprung auf das Niveau der Anlaufpiste heruntergeführt. Ab dem Kurvenradius ragen kontinuierlich höher werdende Glasscheiben aus dem Schanzenkörper. Sie gewähren einen optimalen Windschutz bei einwandfreier Sicht vom Trainerpodest.
Bauherrschaft | Garmisch-Partenkirchen |
Zusammenarbeit | |
Aufgabe | Wettbewerb Neubau |
Stand | 2. Runde |
Jahr | 2006 |


